Der Landesverband des Kfz-Gewerbes Berlin-Brandenburg e.V. informiert:
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 25. Juni 2021 hat der deutsche Gesetzgeber zwei Gesetze erlassen, die sich ab Januar 2022 erheblich auf den Verkauf und die damit einhergehende Sachmangelhaftung auswirken werden.
Lange Zeit war der deutsche Gesetzgeber damit befasst, zwei EU-Richtlinien in deutsches Recht umzusetzen. Dabei handelt es sich zum einen um die sog. Warenkaufrichtlinie (EU 2019/771) und zum anderen um die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (EU 2019/770). Beide Richtlinien verfolgen das Ziel einer Vollharmonisierung und haben den nationalen Gesetzgebern daher nur wenig Entscheidungsspielraum eingeräumt. Der ZDK hat die Gesetzgebungsverfahren sowohl in Europa als auch in Deutschland von Anfang an begleitet und diverse Stellungnahmen abgegeben.
Am 25. Juni 2021 hat der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Warenkaufrichtlinie nun das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags erlassen, das auf Kaufverträge anwendbar ist, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden. Damit geht eine umfassende Reform des Sachmangelhaftungsrechts, insbesondere zu Gunsten von Verbrauchern, einher.
Wesentliche Änderungen betreffen dabei u.a. den Begriff des Sachmangels, der deutlich erweitert wird zu Gunsten von Verbrauchern:
- die Einführung spezieller Regelungen für Kaufverträge über „Sachen mit digitalen Elementen“ (= Sachen, die ihre Funktion ohne die digitalen Produkte nicht erfüllen können), in denen dem Verkäufer u.a. erstmalig eine Aktualisierungsverpflichtung zur Aufrechterhaltung der Vertragsmäßigkeit der Sache auferlegt wird
- „Sonderbestimmungen“ für den Rücktritt und Schadensersatz, wonach das bisherige Erfordernis einer Nachfristsetzung und die sog. 2-Versuche-Regelung entfällt, die dem Verkäufer derzeit noch im Regelfall das Recht auf 2 Nachbesserungsversuche zur Beseitigung eines Mangels einräumt
- Verschärfte Anforderungen für abweichende Vereinbarungen von den objektiven Anforderungen des Sachmangelbegriffs und über eine Verkürzung der Verjährungsfrist beim Gebrauchtwagenkauf
- eine Verlängerung der Beweislastumkehr von bisher 6 auf 12 Monate
Außerdem hat der deutsche Gesetzgeber am 25. Juni 2021 das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen erlassen, das am 1. Januar 2022 in Kraft tritt. Damit wird erstmalig ein eigenständiges Mangelhaftungsrecht speziell für sog. „digitale Produkte“ zu Gunsten von Verbrauchern geschaffen und zwar unabhängig von der zugrunde liegenden Vertragsart.
Der Begriff „digitale Produkte“ umfasst sowohl digitale Inhalte als auch digitale Dienstleistungen. Die Neuregelungen gelten auch für sog. „Paketverträge“, d.h. für Verträge, in denen es in einem Vertrag auch um die Bereitstellung von Sachen oder Dienstleistungen geht (Beispiel: Navigationssystem oder Unterhaltungselektronik in einem Kfz). Auch in diesem Bereich wird dem Verkäufer eine Aktualisierungsverpflichtung zur Aufrechterhaltung der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts auferlegt. Abweichende Vereinbarungen sind nur sehr begrenzt möglich, wobei die Verjährungsfrist von 2 Jahren ohnehin nicht verkürzt werden darf.
Kfz-Betriebe werden sich in den kommenden Monaten mit den zahlreichen Neuregelungen, die ab Januar 2022 auf sie zukommen werden, auseinandersetzen müssen, um bestmöglich auf die neuen Regelungen vorbereitet zu sein. Die Neuregelungen machen auch eine Überarbeitung der vom Kfz-Betrieb bislang verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen erforderlich.
Gemeinsam mit dem VDA und dem VDIK prüft der ZDK daher derzeit die Auswirkungen der Neuregelungen für die u.a. vom ZDK unverbindlich empfohlenen AGB (Neuwagenverkaufsbedingungen, Gebrauchtwagenverkaufsbedingungen etc.) und stimmt die vorzunehmenden Änderungen mit den genannten Verbänden ab.
Nach Abschluss dieses Abstimmungsprozesses werden wir den Kfz-Handel zeitnah über die ab Januar 2022 geltenden neuen Bedingungstexte informieren.
Außerdem werden wir den Kfz-Handel – voraussichtlich Anfang September – noch detaillierter über die bevorstehenden Änderungen informieren und auch aufzeigen, was bei der Umsetzung der neuen Regelungen in der Praxis zu beachten ist.
Mit freundlichen Grüßen
Viviane v. Aretin
Geschäftsführerin