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Gebrauchtwagenverkaufsbedingungen (GWVB) – Der BGH hält die Regelung zur Verjährungsverkürzung für wirksam und beschert dem Handel Rechtssicherheit 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

die Regelung zur Verkürzung der Verjährungsfrist in den GWVB gegenüber Verbrauchern auf 1 Jahr ist trotz des zwischenzeitlich ergangenen „Ferenschild-Urteils“ des EuGH wirksam. Zwar ist die gesetzliche Regelung des § 475 Abs. 2 BGB a.F. (seit 2018 geregelt in § 476 Abs. 2 BGB), auf der die Verkürzung in den GWVB beruht, nach der EuGH-Rechtsprechung unionsrechtswidrig, dennoch ist sie bis zu einer Neuregelung durch den deutschen Gesetzgeber weiterhin dahingehend anzuwenden, dass sie eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist zulässt. 

Seit Erlass des EuGH-Urteils vom 13.07.2017 (Az. C-133/16) in Sachen „Ferenschild“, in dem der EuGH festgestellt hatte, dass die nationalen Gesetzgeber bezüglich der Geltendmachung von Mängelansprüchen von Verbrauchern nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der „Haftungsdauer“ auf bis zu ein Jahr, nicht jedoch über die Verkürzung der „Verjährungsfrist“ erlauben dürfen, war unklar, welche Auswirkungen diese Rechtsprechung für die Wirksamkeit der Regelung zur Verjährungsverkürzung in den GWVB hat. Das deutsche Gesetz kennt eine solche Unterscheidung zwischen Haftungsdauer und Verjährungsfrist nicht. Fraglich und rechtlich umstritten war, ob die GWVB unwirksam geworden sind oder ob sie bis zu einer Änderung des BGB weiterverwendet werden können. Mit Urteil vom 18.11.2020 (VIII ZR 78/20) hat der BGH diese umstrittene Rechtsfrage nunmehr zu Gunsten des Handels, mithin zugunsten der GWVB, entschieden. 

Am 31.03.2017 erwarb der Käufer einen gebrauchten BMW X 6, der ihm am selben Tag übergeben wurde. In den Kaufvertrag waren die GWVB einbezogen worden, wonach für die Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Ablieferung des Fahrzeugs bestimmt ist. Im Februar 2018 leitete der Käufer ein selbständiges Beweisverfahren ein, das sich zunächst nur auf einen vom Käufer bereits beseitigten Mangel am Luftfahrwerk bezog. Im Mai und im August 2018 erweiterte der Käufer das selbständige Beweisverfahren auf weitere von ihm behauptete Mängel, welche die Steuerkette sowie das Pleuellager beziehungsweise den Motor betrafen. Nachdem der Käufer im Oktober 2018 wegen der im selbständigen Beweisverfahren geltend gemachten Mängel vom Kaufvertrag zurückgetreten war, erhob der Händler die Einrede der Verjährung. 

Ebenso wie die beiden Vorinstanzen, wies auch der BGH das Begehren des Käufers zurück, da dem Käufer Rückabwicklungsansprüche wegen der geltend gemachten Mängel an der Steuerkette und am Pleuellager/Motor im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht zustanden, weil diese nach den in den Kaufvertrag einbezogenen GWVB bereits verjährt waren, der Händler sich auf die Verjährung berufen hatte und der Rücktritt somit unwirksam war. 

Der ausführlichen Urteilsbegründung des BGH lässt sich folgendes entnehmen: 

  1. Eine Hemmung der Verjährung wird nicht durch Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens für andere Mängel bewirkt. Das selbständige Beweisverfahren, das der Käufer im Februar 2018 wegen anderer Mängel eingeleitet hatte, bewirkte vorliegend keine Hemmung der Verjährung. Eine Hemmung durch ein selbständiges Beweisverfahren tritt nur wegen Ansprüchen aus den Mängeln ein, auf die sich die Sicherung des Beweises bezieht. Die Mängel an der Steuerkette und dem Pleuellager/Motor hatte der Käufer aber erst nach Ablauf eines Jahres seit Fahrzeugübergabe zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemacht. Daher konnte eine Hemmung der nach den GWVB bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr bewirkt werden.
  2. Die sich an den Rahmen der gesetzlichen Regelung (seit 2018 geregelt in § 476 Abs. 2 BGB, zuvor in § 475 Abs. 2 BGB) haltende formularmäßige Verkürzung der Verjährungsfrist in den GWVB ist wirksam. Der BGH entschied, dass die formularvertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist weder gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB verstößt noch wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden (§ 307 Abs. 1, 2 BGB) unwirksam ist. 3. Die Richtlinienwidrigkeit der gesetzlichen Regelung führt zu keiner anderen Beurteilung. Der BGH geht davon aus, dass auch die deutsche Regelung (§ 475 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 476 Abs. 2 BGB n.F.) bei wortlautgemäßer Anwendung gegen Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Richtlinie 1999/44/EG) verstößt. Der EuGH hatte auf Vorlage eines belgischen Gerichts entschieden, dass die Parteien eines Verbrauchsgüterkaufvertrages zwar eine Verkürzung der Haftung des Verkäufers für Sachmängel vereinbaren dürfen, dass die Haftungsdauer aber ein Jahr nicht unterschreiten darf. 
  3. Die Haftungsdauer bezieht sich dabei auf den Zeitraum, in dem das Auftreten einer Vertragswidrigkeit der Kaufsache die Haftung des Verkäufers auslöst und somit zur Entstehung der Rechte des Verbrauchers/Käufers führt. Hiervon zu unterscheiden ist die Verjährungsfrist, die dem Zeitraum entspricht, in dem der Verbraucher seine Rechte, die während der Haftungsdauer des Verkäufers entstanden sind, tatsächlich gegenüber diesem ausüben kann. 
     
    Da die Dauer der Verjährungsfrist nicht von der Haftungsdauer des Verkäufers abhängt und Art. 7 Abs. 1 Verbrauchsgüterkauf-RL sich ausschließlich auf die Haftungsdauer des Verkäufers bezieht, verleiht sie den Mitgliedstaaten keine Befugnis, den Parteien eines Verbrauchsgüterkaufvertrages zu erlauben, die Dauer der Verjährungsfrist zu begrenzen. Gemessen hieran entschied der BGH, dass die deutsche Regelung nach ihrem Wortlaut richtlinienwidrig ist, weil sie den Parteien eines Verbrauchsgüterkaufvertrages über gebrauchte Sachen die Vereinbarung einer Verjährungsfrist von einem Jahr für Mängelansprüche des Verbrauchers erlaubt. 
  4. Eine richtlinienkonforme Auslegung der gesetzlichen Vorschrift oder richterliche Rechtsfortbildung ist nicht möglich. Der BGH betonte sodann, dass die nationalen Gerichte nach ständiger EuGH-Rechtsprechung verpflichtet sind, das nationale Recht unter voller Ausschöpfung des ihnen danach zustehenden Beurteilungsspielraums soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck einer Richtlinie auszulegen, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Allerdings darf der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts nicht zu einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts führen. 
     
    Gleiches gilt auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Anwendung des Grundsatzes richtlinienkonformer Auslegung findet danach dort seine Grenze, wo die nationale Vorschrift nicht richtlinienkonform ausgelegt werden könnte, ohne dabei die Grenzen der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an das Gesetz zu sprengen. Eine die Gesetzesbindung des Richters überschreitende Auslegung ist daher auch nicht durch den Grundsatz der Unionstreue zu rechtfertigen. 
     
    Nach ständiger BGH-Rechtsprechung setzt eine richtlinienkonforme Auslegung daher voraus, dass hierdurch der erkennbare Wille des Gesetz- oder Verordnungsgebers nicht verändert wird, sondern die Auslegung seinem Willen (noch) entspricht. Gleiches gilt für eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung durch das erkennende Gericht. Eine richtlinienkonforme Auslegung ist nach Ansicht des BGH vorliegend aber nicht zulässig, weil § 475 Abs. 2 BGB a.F. (bzw. § 476 Abs. 2 BGB n.F.) nicht i.S.d. Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dahin ausgelegt werden kann, dass sie eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr bei einem Verbrauchsgüterkauf über eine gebrauchte Sache ausschließt. Ihr kann außerdem weder entnommen werden, dass sie ersatzlos entfällt, noch dass sie lediglich eine Vereinbarung einer auf ein Jahr verkürzten Haftungsdauer erlaubt. Dies begründet der BGH zunächst mit dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Sie räumt den Vertragsparteien die Möglichkeit zur Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ein. Der Rechtsbegriff der Verjährung ist keiner Interpretation dahingehend zugänglich, dass damit eine Haftungsdauer gemeint ist. 

    Außerdem ergibt sich aus der Gesetzesbegründung der eindeutige und unmissverständliche Wille des Gesetzgebers, im deutschen Recht weiterhin keine Haftungsfrist einführen zu wollen, sondern das bisherige Recht fortzuführen, wonach zur zeitlichen Begrenzung der Sachmängelhaftung auf Verjährungsfristen zurückgegriffen wird. § 475 Abs. 2 BGB a.F. (= § 476 Abs. 2 BGB n.F.) sollte eine Regelung zur Möglichkeit der Verkürzung der Verjährung schaffen, nicht dagegen eine Regelung über Vereinbarungen zu einer Haftungsfrist. Hierzu hat sich der deutsche Gesetzgeber in Kenntnis sowohl des Unterschieds der beiden Fristen entschieden, also auch in Bezug auf das Vorhandensein beider Fristen in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Auch wenn der deutsche Gesetzgeber eine richtlinienkonforme Regelung erlassen wollte, hat er dieses Ziel mit der getroffenen Regelung nicht erreicht. Eine richterliche Entscheidung, die gegen den eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers zu der erstmaligen Einführung einer Haftungsfrist in das deutsche Gewährleistungsrecht führte, überschritte die verfassungsrechtlichen Grenzen und griffe unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein. 
  5. Die gesetzliche Vorschrift ist trotz Richtlinienwidrigkeit bis zu einer Neuregelung durch den deutschen Gesetzgeber weiterhin anzuwenden, so dass Vereinbarungen über die Verkürzung der Verjährungsfrist nach wie vor zulässig sind. Da eine richtlinienkonforme Auslegung oder gar Rechtsfortbildung nicht in Betracht kommt, bleibt es bis zu einer Neureglung durch den Gesetzgeber bei der bisherigen gesetzlichen Regelung (§ 475 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 476 Abs. 2 BGB n.F.). Die hierauf gestützte, in den AGB des Verkäufers enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ist demnach zulässig. 

Fazit

Die in den GWVB enthaltene Regelung zur Verjährungsverkürzung auf 1 Jahr ist nach wie vor wirksam. Änderungsbedarf besteht derzeit nicht. Sollte sich hieran etwas ändern, wird der ZDK die erforderlichen Änderungen in den GWVB zeitnah vornehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Viviane v. Aretin
Rechtsanwältin