Seit 1934 ist die Kfz-Innung Berlin die berufspolitische und wirtschaftliche Interessenvertretung des Berliner Kraftfahrzeuggewerbes. 80 Jahre, in denen die Berliner Kfz-Betriebe im Trubel der Geschichte auf ihre Innung stets vertrauen konnten. Das Kraftfahrzeughandwerk ist im Verhältnis zu anderen Berufen ein noch junges Handwerk, denn es wurde erst mit der Erfindung des Automobils geboren. Um die Jahrhundertwende wandten sich Handwerksmeister aus dem Schmiede-, Schlosser- und Mechaniker-Beruf der Reparatur von Automobilen zu.
Sie gehörten den betreffenden Innungen an, in denen sich mit der Zeit Fachgruppen für Autoschlosser, Automechaniker und dergleichen bildeten. Es galt, die Kraftfahrzeuge instand zu halten und zu reparieren. Diese handwerklichen Dienstleistungen waren eine unerlässliche Voraussetzung für den Automobilverkauf, und so war es naheliegend, dass die im Zuge der Produktionssteigerung und Ausweitung des Vertreternetzes entstandenen Handelsbetriebe auch Werkstätten einrichten mussten.
1909 - 1933
Am 25. Oktober 1909 fanden die ersten Gespräche zwischen Automobilhändlern aus Rheinland und Westfalen über die Gründung eines Händler-Verbandes, der schließlich als Deutscher Automobilhändlerverband (DAHV) am 19. Februar 1910 für das gesamte deutsche Wirtschaftsgebiet gegründet wurde. Gegen Ende des Jahres 1918 schlossen sich etwa 60 Berliner Autoreparateure beruflich zusammen. Sie gründeten die Interessengemeinschaft Groß-Berliner Autoreparaturwerkstätten e. V.. In dieser Vereinigung wurden Werkstattbesichtigungen durchgeführt, Erfahrungen über Neuerungen an Werkzeugen und Zubehörteilen ausgetauscht und technische Vorträge besucht. In 14-tägigen Zusammenkünften wurden die betrieblichen Notwendigkeiten wie Materialbeschaffung oder Lohnfragen besprochen und die erforderlichen Schritte zur Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder in die Wege geleitet. Hieraus entwickelte sich eine Interessenvertretung, die vielen Kollegen betriebliche Unterstützungen bot. Welche Bedeutungen dieser Zusammenschluss für die damalige Zeit hatte, geht daraus hervor, dass die Berliner Behördenstellen mit ihr Verbindung aufnahmen. Sie wurde von dem Deutschen Metallarbeiter Verband als Tarifpartner anerkannt. Somit wurde der erste Tarifvertrag für die Autoreparaturwerkstätten abgeschlossen.
Unter der Leitung des Deutschen Automobilhändlerverbandes (DAHV) begannen 1924 die Verhandlungen über die Anerkennung des Automobilschlosser-Handwerks als selbstständiges Gewerbe. Das Preußische Ministerium für Handel und Gewerbe sah allerdings die Bildung eigener Innungen für das Automobilschlosser-Handwerk nicht wünschenswert. Die Angehörigen eines so jungen Handwerkszweiges dürften schließlich nicht zu früh eine spezielle Ausbildung erhalten, damit sie nicht bei einem plötzlichen Konjunkturumschwung in Schwierigkeiten gerieten. Auch der Hinweis des DAHV, dass wohl in keinem Handwerk die Aussicht auf eine ansteigende Entwicklung so wahrscheinlich wäre wie gerade im Automobilschlosser- Handwerk, nutzte nichts.
Über Jahre erstreckte sich der Streit zwischen Zwangsinnungen und DAHV über die Abgrenzung von Reparaturwerkstätten als Nebenbetrieb von Automobilhandlungen. 1926 strebte die Mechaniker-Zwangsinnung eine besondere staatliche Konzessionierung für das Fahrrad-, Motorrad- und Kraftfahrzeug-Gewerbe im Interesse des Verkehrs unter ihrer Aufsicht an. Auf Veranlassung des DAHV erstellte im Jahre 1926 der geheime Regierungsrat Friedrich Romberg, Professor der Technischen Hochschule Charlottenburg, ein Gutachten, das zu dem Resultat kam, dass die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs es erfordert und der Staat die Pflicht hat, dafür zu sorgen, dass das Motorfahrzeug- Reparaturgewerbe nicht mit ungleichen, völlig wesensfremden Gewerben zusammengeschlossen wird
Die Fachgruppe „Autoreparaturwerkstätten“ bemühte sich in jeder Weise, die Interessen der Mitglieder wahrzunehmen. So wurden beispielsweise vom Verband erstmalig Reparaturbedingungen ausgearbeitet. In gemeinsamer Arbeit des DAHV mit dem „Ausschuss für wirtschaftliche Fertigung“ (AWF) wurde eine Broschüre „Die neuzeitliche Reparaturwerkstatt für Automobile“ herausgebracht und ebenso wie die dazugehörenden Werkstattformulare vom DAHV verteilt.
Mitte 1930 hatten 24 von insgesamt 67 Kammern die Anerkennung des selbstständigen Kraftfahrzeughandwerks ausgesprochen. Berlin war nicht dabei. 13 deutsche Kammern hatten einheitliche Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften erlassen. Unermüdlich stellte der DAHV immer neue Anträge, um für Berlin ebenfalls eine Anerkennung zu erreichen.
Am 21. Dezember 1932 ordnete der Oberpräsident der Provinz Brandenburg und Berlin die Errichtung einer eigenen Innung des Kraftfahrzeughandwerks zum 1. April 1933 an. Nach dieser Verfügung mussten die betroffenen Reparaturbetriebe aus den anderen Innungen der Mechaniker, Schlosser und Schmiede ausscheiden. Die Zwangsinnung des Kraftfahrzeughandwerks Berlin war geboren. Am 9. April 1933 wurde die erste offizielle Mitgliederversammlung einberufen. Nach der Beschlussfassung wurde die Satzung angenommen. Unter der Leitung des Magistratsvertreters, Oberinspektor Plötz, fand am 20. September 1933 die Wahl- und Gründungsversammlung im Bürgersaal des Rathauses statt. Am 29. November wurde das Gesetz über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks veröffentlicht.
1934 - 1947
Am 15. Juni 1934 wurde die erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks erlassen. Daraufhin wurde vom Reichswirtschaftsminister die endgültige Anerkennung des Kraftfahrzeugreparatur-Gewerbes ausgesprochen und die Kraftfahrzeugreparatur in das für die handwerkliche Organisation maßgebliche Gewerbeverzeichnis als selbstständiges Handwerk aufgenommen. Jetzt war eindeutig festgelegt, dass beim Aufbau der neuen Pflicht-Innungsorganisation des Handwerks entsprechend dem Handwerksgesetz vom November die Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstätten nur noch in selbstständigen Fachinnungen zusammengeschlossen werden durften.
Am 25. November 1934 wurde durch die Handwerkskammer die Satzung der Innung des Kraftfahrzeughandwerks Berlin erlassen. Dieser Tag gilt als offizieller Gründungstag unserer Innung. Gleichzeitig verfügte der Reichsstand des deutschen Handwerks die organisatorische Trennung von Kfz-Handel und -Handwerk. Der Reichsverband des Kraftfahrzeughandwerks, Handel und Gewerbe e. V. (früherer DAHV) konnte nicht mehr als Spitzenorganisation weiterwirken.
Für das Kraftfahrzeughandwerk wurde im November 1934 ein besonderer Reichsverband geschaffen, mit Sitz Am Park 18 in Berlin Schöneberg. Auch die Berliner Innung hatte hier ihre Geschäftsstelle mit Friedrich Stupp als Reichsinnungsobermeister.
Die bisherigen unterschiedlichen Bezeichnungen für unseren Berufsstand wurden einheitlich durch das Wort „Kraftfahrzeughandwerk“ ersetzt. Alle Innungen führten fortan diesen Namen. Umfangreiche Änderungen ergaben sich aus der neuen Handwerksordnung. Zunächst sollten alle Handwerksbetriebe, die noch anderen Innungen angehörten, sich aber dem Kraftfahrzeughandwerk zugewandt hatten, als Mitglieder in unsere Organisation überführt werden. Die Durchführung eines Leistungsgrundsatzes in den angeschlossenen Werkstätten wurde beschlossen: „Ordnung und Sauberkeit, eine richtige Preisberechnung und eine einwandfreie Arbeit.“ Am 08. Januar 1935 fand unsere erste Meisterprüfung statt. Zu diesem Zeitpunkt zählte die Innung bereits 1500 Mitglieder. Die Betriebe verteilten sich auf 20 Stadtbezirke. Jeder Bezirk hatte seinen Bezirksmeister. Die Fachgruppen teilten sich in Kfz-Elektriker, Vulkaniseure, Kurbelwellen- und Zylinderschleifer auf. In den Jahren 1934 – 1938 förderten die Bezirksmeister mit den einzelnen Mitgliedern unserer Innung die kollegiale Zusammenarbeit. Sie stellten so einen engen und intensiven Kontakt zur Innung her, der sich für alle Mitglieder günstig auswirkte. Die Zahl der Lehrlinge stieg laufend.
Durch die Fülle der Aufgaben waren die bisherigen Räumlichkeiten zu klein geworden. Die Innungsgeschäftsstelle wurde in die Spichernstraße 5 – 6 verlegt. Hier wurden die Gesellen- und Meisterprüfungen durchgeführt. Während der Automobilausstellung trat unsere Innung erstmalig mit ihren Leistungen an die Öffentlichkeit.
Viele Werkstattbetriebe blieben von den direkten Kriegseinwirkungen nicht verschont. Während des zweiten Weltkrieges arbeitete die Innung vermittelnd und helfend, um den betroffenen Betrieben die Existenz zu erhalten. Dies geschah durch die Zusammenlegung verschiedener Betriebe und durch die Bildung von Arbeitsgemeinschaften. 1943 brannte das Haus in der Spichernstraße aus und die Geschäftsstelle bezog erst ein Notquartier in der Blücherstraße 66. Bis zum Kriegsende wurde dann die Innungsarbeit aus der Marburger Straße 3, aus den Räumlichkeiten des Händlerverbandes, durchgeführt.
Nach Kriegsende bestand zunächst keine Möglichkeit die Innungsarbeit fortzusetzen, da die Besatzungsmächte keine Organisationen, Verbände u. ä. zugelassen hatten.
Nach 1945 übernahm der damalige Geschäftsführer Willy Witt mit drei Angestellten die Innungsarbeit. Zu den wichtigsten Aufgaben unserer Innung zählten in erster Linie, die noch vorhandenen Kraftfahrzeuge instand zu halten und instand zu setzen. Viele Verhandlungen mit den Besatzungsmächten, den Bergungsämtern und Berliner Amtsstellen wurden geführt. Nach und nach konnte schließlich der neugeschaffene Berliner Magistrat Verwaltungsaufgaben übernehmen und in der Abteilung Wirtschaft wurde unsere Innung im Ressort „Handwerk“ als Fachgruppe „Kraftfahrzeuge“ geführt. Im Oktober 1945 bezogen wir neue Geschäftsräume in der Kaiserallee 187 (jetzt Bundesallee).
1948 - 2004
1948 richtete die Kfz-Innung ihre Geschäftsstelle in Berlin-Steglitz, Wulffstraße 7, ein. Am 19. Dezember 1949 wurde die Innung als Verein in das Vereinsregister eingetragen.
Am 17. September 1953 trat das Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) in Kraft. Die Innung des Kraftfahrzeughandwerks wurde Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Handwerkskammer Berlin genehmigte am 12. April 1954 die von der Innungsversammlung am 2. April 1954 beschlossene Satzung. 1956 beschloss der damalige Innungsvorstand den Erwerb eines eigenen Hauses, in dem Geschäftsstelle und die inzwischen errichtete Fachschule des Berliner Kraftfahrzeughandwerks untergebracht werden sollte. Mit Hilfe der Mitglieder konnte der notwendige Umbau durchgeführt werden. Damals präsentierte sich unser Haus am Selerweg 15 als Gemeinschaftseinrichtung des Berliner Kraftfahrzeughandwerks und diente insbesondere durch die integrierte Fachschule allen Mitgliedern. Die Kapazitäten im Selerweg konnten die steigenden Lehrlingszahlen und den raschen Wandel in der Kraftfahrzeugtechnik nicht weiter verkraften. Der damalige Vorstand entschloss sich zum Neubau einer Fachschule für Kfz-Technik im so genannten Handwerkerviertel in der Obentrautstraße in Berlin Kreuzberg.
Direkt neben der Gewerbeförderungsanstalt der Handwerkskammer Berlin, gut eingebettet in das öffentliche Verkehrsnetz Berlins, konnte der Neubau der Fachschule beginnen.
Zu den wichtigsten Aufgaben zählten bereits 1968 die überbetriebliche Ausbildung der Lehrlinge, die Meisterausbildung, die Gesellen- und Meisterprüfungen sowie die Abendlehrgänge mit fachspezifischen Inhalten. Die Innungsfachschule, gegründet im Jahre 1968, war seinerzeit eine der modernsten Ausbildungsstätten in Berlin. Die Inbetriebnahme erfolgte im Januar 1969.
Die historischen Wendejahre Deutschlands 1989 – 1990 brachten auch der Berliner Kfz-Innung und dem gesamten Kraftfahrzeuggewerbe neue Aufgaben. Die Geschäftsstelle der Innung am Selerweg wurde von interessierten Kollegen aus der „DDR“ in Anspruch genommen. Sie erhielten Unterstützung, viele Informationen und Fabrikatskontakte wurden an die neuen Kollegen weitergegeben. Wie groß das Informationsbedürfnis des ostdeutschen Kraftfahrzeuggewerbes nach der Wende ist, lässt sich im Februar 1990 am ersten Ost-West-Kongress der Branche ablesen. 3.500 Teilnehmer aus der ehemaligen DDR strömten nach „West-Berlin“.
Nach dem Fall der Mauer erfolgen die Fusion beider Innungen und die Gründung einer gemeinsamen Innung. Der Landesverband des Kraftfahrzeuggewerbes Berlin Brandenburg wird geboren. Auch die beiden Zentralverbände und die Umbenennung des Verbandes in „Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe“ erfolgt während der historischen Wendejahre. Das Jahr 1990 ist ein Jahr der Geschichte. Das Jahr 1991 ist ein Jahr der Veränderungen für das Kraftfahrzeuggewerbe in Berlin und Brandenburg. Die Lehrlingszahlen wuchsen drastisch an. Mit dem Um- und Neubau der Fachschule für Kfz-Technik, die als „Haus des Kfz- Gewerbes“ den Landesverband des Kfz-Gewerbes Berlin Brandenburg aber auch die Außenstelle des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe beherbergte, wurde ein weiterer Schritt für eine effiziente Zusammenarbeit Berlins und Brandenburgs getan.
Da in immer größerem Umfang Maßnahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung zur Anpassung an die wachsenden Anforderungen der technischen Entwicklung notwendig wurden, entschloss sich die Innung zur Modernisierung ihrer seit 20 Jahren bestehenden Fachschule. Am 18. Oktober 1991 wurde bereits Richtfest gefeiert. Ab dem 1. September 1992 wurde das Haus des Kfz-Gewerbes in Berlin in Betrieb genommen. Somit waren alle Beschäftigten der Innung unter einem Dach zu erreichen. Die feierliche Eröffnung fand am 26. September statt. Damit wir den hohen Anforderungen der Aus- und Weiterbildung weiterhin standhalten können, hat die Vollversammlung der Kfz-Innung Berlin beschlossen, auf dem Areal der Handwerkskammer Berlin in Bernau eine neue Ausbildungsstätte zu errichten. Am 5. Juni 2004 öffnete die neue Ausbildungsstätte der Kfz-Innung Berlin in Bernau ihre Tore. Die Ausbildungsstätte in Bernau (Halle 13) bietet mit ihrer 3000 qm großen Fläche eine optimale Ausbildungsmöglichkeit. Unsere Auszubildende können hier ihren Beruf an den modernsten Geräten, unter besten Lehrbedingungen erlernen.